Derbycharakter gibt es erst nach Pause
Oberriexingen braucht eine Halbzeit, um ins Spiel zu kommen. Zur Pause liegt der TSV schon mit 9:18 zurück. Doch dann bieten die Gäste den HCME-Handballern ein Duell auf Augenhöhe. Letztlich behalten die Gastgeber aber mit 31:25 die Oberhand.
Das Duell zwischen den Handballern des HC Metter-Enz und des TSV Oberriexingen in der Bezirksklasse hat lange nicht das gehalten, was man von einem Derby erwartet. Zu schlecht haben sich die Oberriexinger in Großsachsenheim in der ersten Halbzeit präsentiert. „Das war das erste Mal, dass ich alle Jungs nach fünf Wochen wieder gesehen habe. Die ersten 30 Minuten waren praktisch unsere erste Trainingseinheit nach der Weihnachtspause. Da haben wir uns warmgemacht“, erklärt TSV-Trainer Hans Schuster.
Folgerichtig dominierten die Gastgeber vom HCME nach Belieben und führten beim Seitenwechsel mit 18:8. Doch nach der Pause drehten die Oberriexinger auf und kamen fast zum Ausgleich. Doch letztlich behielten die Vaihinger und Großsachsenheimer die Oberhand und setzten sich am Ende mit 31:25 durch. „Wir haben lange gedacht, dass es so wie in der ersten Halbzeit weiterlaufen würde und dass die Tore weiterhin von selbst fallen“, bemängelt HCME-Trainer Robil Dehabe.
Tobias Rothacker brachte es nach rund 20 Minuten auf den Punkt: „Die spielen einen Mist zusammen.“ Doch nicht nur in der Offensive, in der sich seine Mannschaftskameraden befanden, als Oberriexingens Torwart diesen Satz laut vor sich hinmurmelte, war der TSV indisponiert. Denn auch in der Abwehr lief bei den Oberriexingern in der ersten Halbzeit nicht viel zusammen. In der Offensive bewegten sich die Gäste relativ wenig. Die Folge war, dass sie oft unvorbereitete Würfe nahmen, wodurch sie HCME-Torwart Marc Hille richtig schön warmschossen, so dass der selbst freie Würfe direkt vom Kreis parierte. Dadurch, dass viele Abschlüsse nicht gut vorbereitet waren, blieben viele auch in den langen Armen des Innenblocks der Vaihinger und Großsachsenheimer hängen. „In der Abwehr haben wir die Oberriexinger immer früh aufgenommen. Und den Kreisläufer haben wir mit zwei Spielern gedeckt“, berichtet Dehabe.
Dadurch konnten die Gastgeber immer wieder Tempo aufnehmen. „Wir haben das spielen können, was wir trainiert haben. Über die zweite Welle haben wir über außen abgeräumt“, berichtet Dehabe. „Und das hat sich ausgezahlt. Wir sind immer wieder zu leichten Toren gekommen.“ Durch ihre Auslösehandlungen kamen die HCME-Handballer entweder immer wieder frei zu Würfen aus rund neun Metern oder spielten sich so frei, dass sie frei am Kreis zum Abschluss kamen. „Wir haben uns überrumpeln lassen“, bemängelt Schuster. Schnell hatten sich die Vaihinger und Großsachsenheimer einen Vorsprung erarbeitet, der immer weiter anwuchs. Beim Seitenwechsel betrug er beim 18:9 neun Treffer.
Die Oberriexinger hatten in den ersten 30 Minuten aber auch Verletzungen von zwei Spielern mental zu verarbeiten. Zunächst humpelte Sebastian Grau nach einem Zweikampf in der Offensive von der Platte, konnte aber in der zweiten Halbzeit wieder mitwirken. Dann musste Minh-Huang Hoang vom Feld geführt werden. Der Rechtsaußen des TSV hatte sich beim Versuch, seinen Sturz abzufangen, den Ellbogen ausgekugelt. „Die Runde ist für ihn gelaufen“, erklärt sein Trainer Schuster, hauptberuflich Chirurg und Sportmediziner.
Nach dem Seitenwechsel präsentierten sich die Oberriexinger aber von einer ganz anderen Seite. „In der Kabine während der Pause hatten die Jungs noch ihre eigenen Ideen und haben rumdiskutiert, wie wir spielen sollten“, berichtet Schuster. Der Übungsleiter hatte allerdings schon eine Idee im Kopf. Er ließ zunächst den Linksaußen des HCME, kurz darauf auch noch den linken Rückraumspieler der Gastgeber in Manndeckung nehmen. „Da wir technisch gute Spieler, haben das die Jungs auch gut umgesetzt. Und jeder hat sich auch daran gehalten“, berichtet Schuster. Und Dehabe ergänzt: „Durch das Aus-dem-Spiel-nehmen unserer kompletten linken Seite haben uns die Oberriexinger den Zahn gezogen. Das ist eine untypische Situation und hat uns ganz schön verwirrt. Wir hatten dadurch nur noch eine Anspielstation. Und wenn man nicht zwei oder drei Linkshänder im Kader hat, kann man nicht das Gleiche einfach auf rechts spielen.“
Mit einem 4:0-Lauf nach Wiederanpfiff kämpften sich die Oberriexinger gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit wieder heran. Ein weiterer 4:1-Lauf kurz darauf verkürzte den Rückstand der Gäste auf 18:21 (44. Minute). „Wir haben in der Abwehr die Oberriexinger zu tief aufgenommen. Wenn der Gegner schnell spielt, muss man die Gegenspieler schon bei zwölf Metern, also noch vor der gestrichelten Linie, aufnehmen. Sonst wird man bestraft. Und das wurden wir – nicht nur durch die Gegentore, sondern auch durch Zeitstrafen“, ärgert sich Dehabe. „Und im Angriff sind wir nicht mehr auf die Lücken gestoßen.“
Doch näher als die drei Tore Rückstand kamen die Oberriexinger nicht mehr heran. „Wenn man zum Ende des ersten Durchgangs fast zehn Treffer hintenliegt, kann man so eine Aufholjagd nicht 30 Minuten lang durchhalten. Zum Ende hin haben wir einige Fehler gemacht“, erklärt Schuster. Und Dehabe ergänzt: „Wir haben das Spiel nie aus der Hand gegeben.“
Quelle: Bericht Vaihinger Kreiszeitung vom 24.01.2022